Ausstellungseröffnung Sonne, Mond und andere Gestaltkräfte

7. Mai 2010, 18:00 · 1 Kommentar

Eröffnende Gedanken zum 7.Mai 2010

Liebe Anwesende,
Es ist heute meine Aufgabe, diese Ausstellung zu eröffnen. Wir freuen uns sehr, dass sie so zahlreich erschienen sind und damit ihr Interesse an dieser Ausstellung und unserem Kunstimpuls bekunden.

Der Zeitpunkt dieser Eröffnung fällt zusammen mit dem Beginn der Arbeit des „Ateliers für freies Selbst- und Sozialgestalten“ vor 20 Jahren und das war nicht geplant, ergab sich einfach. Das können wir schon als ersten Hinweis auf die Prozesshaftigkeit unseres künstlerischen Ansatzes sehen. Auch die Bilder und Plastiken, die hier heute zu sehen sind, sind nicht für eine Ausstellung konzipiert, sondern den Entwicklungsprozessen der Einzelnen entnommen.

Auf Grund dieses Zusammenfallens erlaube ich mir kurz den Entwicklungsprozess des Ateliers selbst zu skizzieren. 1990, zwischen Ostern und Pfingsten öffnete das Atelier seine Türen., die ersten Menschen kamen und erste Malgruppen bildeten sich. Vor sieben Jahren, 2003 kam meine Frau Rita Katharina aus dem Norden, wo sie Kunst und Kunsttherapie an der FH Ottersberg lehrte, hinzu. Sie brachte zu dem bis dahin entwickelten Hauptaspekt der Farbe, des Malens, das Plastische verstärkt hinzu. Sie selbst ist Malerin, arbeitet viel in kunsttherapeutischen Einzelstunden und lehrt Kunsttherapie jetzt an der freien Akademie in München. Die hier zu sehenden Plastiken sind von ihr begleitet.
Vor drei Jahren konnten wir unseren Neubau eröffnen, in dem wir parallel in zwei Ateliers arbeiten können.

Die Themen der ersten Zeit waren die Farben. Nicht Farbtheorien haben uns beschäftigt, sondern ihr Phänomen, ihr Erscheinen in der Welt. Und da ist einfach gesagt eine Zweiheit zu beobachten: Die Farben erscheinen unseren Sinnen in der Welt und sie erscheinen in der Seele als empfindendes Innenerlebnis. Im künstlerischen Umgang mit dieser Zweiheit, ihr Erscheinen in der Welt, auf dem Malgrund und ihr Erleben im seelischen Empfinden, führt zu einem dialogischen Prinzip: Dabei verwandelt sich im künstlerischen Prozess die Welt in uns und wir uns in sie. Ein gegenseitiges Durchdringen von Mensch und Welt setzt ein.
In diesem gegenläufigen Verwandlungsprozess, in dem bildnerischen Dialog zwischen uns und der Welt, der Welt und uns entsteht im Bild, im Werk ein Drittes, das Reich des Schönen, das Feld der Kunst. Dies ist das eigentliche Seinsgebiet des Menschen, unser Raum des Werdens.

Sind die Kräfte der Welt und die Kräfte des Menscheninneren in einem individuellen Gleichgewicht, finden sich Stoff und Form, aufbauende und abbauende Vorgänge in einer individuellen, lebendigen Gestalt, so sind wir auch im Bereich der Gesundheit. So ist das Atelier immer ein Ort der Kunst, wie auch der Therapie.

Sonne, Mond und andere Gestaltkräfte sprechen ein neues Arbeitsfeld an, dem wir uns in jüngerer Zeit zugewandt haben. Nicht hinaus in den Himmel, zu den äußeren Orten der Planeten wollen wir. Vielmehr möchten wir den Himmel auf die Erde herunterbringen.
Diejenigen, die den Mut gefasst haben, aus ihrem prozesshaften Umgang mit dieser Thematik Werke herauszustellen, auszuwählen, um sie hier zu zeigen, die möchte ich jetzt im einzelnen vorstellen…..

Sonne, Mond und andere Gestaltkräfte: Bevor das Büffet eröffnet und später noch Musik erklingen wird, lade ich Sie noch auf eine Reise über Zusammenhänge zwischen den Planeten am Himmel und unseren gestaltenden Kräften hier auf erden ein.

Ich möchte von dem heutigen Tag, Freitag, den 7. Mai ausgehen. Die Sieben- und das ist wieder nicht geplant, dass heute ausgerechnet der „siebte“ Mai ist, sondern fügt sich in den Prozess des Gesamtgeschehens so ein – stellt den Bezug zu den sieben Hauptplaneten her, zu denen in unserem Zusammenhang auch die Sonne zählt, was schon ein Hinweis ist, dass die Planeten nicht unter rein astronomischen, äußerlichen Gesichtspunkten betrachtet werden. Da hilft uns der „Freitag“ gleich weiter. Er kommt im Deutschen von einer Göttin, der germanischen Freyja, mit der griechischen Aphrodite, der römischen Venus vergleichbar. Morgen folgt der Samstag, bei uns von Sabbat abgeleitet, im englischen aber taucht wieder ein Planet auf, der Saturn, Saturday. Dann haben wir den Sonntag und danach gleich den Mond-Tag. Im französischen, italienischen sind die Wochentage alle unmittelbar nach den sieben Planeten benannt, in deren Siebentagerhythmus die menschliche Kultur seit fünf ein halb Jahrtausenden lebt. Wir träumen in diesem Rhythmus, klären uns selten über dessen Zusammenhang bewusst auf. Es lebt mehr im träumerischen Empfinden, wie jeder Tag der Woche eine andere Qualität hat, am Freitag etwas ganz anderes wirkt, als an einem Samstag oder Donnerstag.

Gehen wir weiter zum Monat Mai. Stellen Sie sich einen lauen Maitag vor, etwas wärmer als heute. Sie sitzen unter einer Birke, Sie atmen die Atmosphäre, die Stimmung ein, schauen nach oben, wo das zarte grün des Birkenlaubes von dem Sonnenlicht durchwirkt wird, die kleinen Blätter fein im leichten Wind ihre Birkenmelodie spielen…

Setzen wir uns jetzt unter eine Eiche, spüren die ganz andere Stimmung dort. Blicken hinauf zu dem kräftigen, aber eigenwilligen Wuchs der Äste. Im Wind hören wir ein ganz anderes Rauschen als unter der Birke. Auch das Licht, die gesamte Stimmung ist ganz anders. Würden Sie sich zu einem Randevouz dort verabreden? Sicher sind wir uns im Gefühl rasch einig für eine Verabredung unter der Birke, im Birkenhain, wenn wir frisch verliebt sind. Unter der Eiche treffen wir uns eher zu streitbaren Verabredungen. Sie wächst unter dem Einfluss des kriegerischen Mars, wie in der Birke die Venus aufscheint, der Göttin, unter deren Fußtritt immer frisches maigrünes Gras entsteht, wie uns die Mythologie zu erzählen weiß.

Sind wir uns bei den Bäumen vielleicht nicht sofort einig, so doch, wenn wir dem Mars das Eisen zuordnen. Mit dem Eisen wurden die Kriege geführt. Das Kriegerische, Aggressive ist etwas marshaftes. Suchen wir diese Eigenschaft im Seelischen, so treffen wir auch auf einen Zusammenhang mit etwas Körperlichem, Organischem. Wenn uns die Galle übergeht, dann kommen diese Kräfte heraus, dann platzt die Wut hervor. Der Choleriker ist marshaft.

Wird das zu viel, dann beginnt die Galle zu leiden, ein Gallenleiden entsteht. Und erstaunlicher weise kann da das Geben von einem Eisenpräparat helfen. Nun haben die Menschen bemerkt, dass das manchmal besser hilft und dann wieder einmal weniger. Als die Menschen noch zum Himmel hinaufgeschaut haben, wenn sie einen Menschen behandeln wollten, konnten sie entdecken, dass da ein großer Unterschied in der Wirkung liegt, ob nun in diesem Fall der Mars von der Erde bedeckt ist oder frei am Himmel steht.
So ist der Zusammenhang von Planet, Metall, Organ und seelischen Wechselwirkungen beobachtbar. Das wäre jetzt für jeden Planeten und jedes Organ darstellbar, führt aber hier zu weit.

Gehen wir noch einen Schritt zur künstlerischen Gestaltkraft, so wird schnell deutlich, dass wir für eine Seelenqualität, wie sie beim Übergehen der Galle erlebt wird, eben das Rot als Farbe passt und nicht ein Blau oder Grün. Und seine innere Dynamik, die der Qualität des Mars entspricht, führt zu ganz anderen Formkräften, als etwas venushaftes. Es sieht dann in einer Skulptur so aus, wie sie hier neben mir steht: gerichtet, entschieden, in den Raum tretend, eine klare Richtung zeigend.

So haben wir uns künstlerisch vorgearbeitet zu den verschiedenen Gestaltkräften, in Farbe und Form, die mit den Planeten zusammenhängen und die Ausstellung zeigt verschiedene Aspekte davon, zu dessen Kennen lernen, was ja ein Wiederentdecken tiefer Schichten unseres Menschseins ist, wir heute einladen.

Für das Betrachten möchte ich noch empfehlen, aus dem Herzen heraus sich den Werken zuzuwenden, unbefangen wie ein Kind. Denn erst wenn wir werden wie die Kinder, können wir den Himmel auf Erden zu erleben beginnen. Solches Kunsterleben öffnet den seelischen Raum, indem wir von unserer Herkunft und Zukunft in der Gegenwart berührt werden können. Dazu wünsche ich uns heute in diesen schönen Räumen viel Gelegenheit, sodass wir uns an einem kleinen kulturstiftenden Ereignis als Gemeinschaft erbauen können.

Uli Bendner

1 Antwort bis jetzt ↓

  • 1 Walter. E. K. Maaßdorf, 6. Mai 2011, 19:20

    Ich finde die Zeilen zur Eröffnung wunderschön, so ist es auch
    gleich ob heute Freitag der 6. oder 7. Mai 2011 ist.